Ihr dachtet doch wohl nicht wirklich, dass ich mir die Chance entgehen lasse, über das Erstlingswerk einer meiner Lieblingsspieleserien zu schreiben?

Hat zwar etwas gedauert, aber gut Ding will Weile haben.

Halo: Combat Evolved Anniversary, so der komplette Titel, schickt sich an, einen über 10 Jahre alten Meilenstein in einem HD Gewand sowohl den alten Hasen, als auch einer neuen Spielergeneration zu präsentieren.

Ich war 19 Jahre alt, als ich mir meine erste Xbox samt Halo geholt hab. Wie so viele, wurde ich von dem Spiel aus den Socken gehauen. Das Spiel stellte für mich einen ersten Schritt in die für mich recht neue Konsolenwelt da. Klar, ich hatte ein SNES gehabt, zu dem Zeitpunkt war ich aber reiner PC Spieler. Mit Halo änderte sich dies. Zwar sollten noch ein paar Jahre ins Land gehen, bis ich schließlich dem PC als Spieleplattform abdankte, doch der Grundstein war gelegt.  

Chief´s Awakening

Es steht schlecht um die Besatzung des Raumkreuzers „Pillar of Autumn“. Die Allianz ist kurz davor, das Raumschiff zu zerstören. Man konnte zwar etwas Zeit gewinnen, in dem man einen Blindflug durch den Hyperraum riskierte, doch befindet man sich nun am Arsch der unbewohnten Galaxis. Wenn da nur nicht dieser Ring wäre, der durchs All schwebt. Hier greift nun der Spieler ein. Man schlüpft in die Rüstung vom Master Chief, seines Zeichens die letzte Hoffnung der MenschheitTM und Cash Cow von Microsoft.

So kämpft man sich im ersten Level durch enge Korridore, wie man es schon so häufig getan hat. Doch fällt einem auch hier schon ein gewisser Style auf. Einem Gegner zieht man den Pistolengriff über die Rübe, dreht die Knarre einmal um den Finger und erledigt den gerade um die Ecke kommenden Alien mit einer Kugel. Das ganze passiert zwar innerhalb von einer Sekunde, dieses Gefühl, dass man aber ein besonderer Soldat, kein Space Marine #1138, sondern ein Spartan ist, das bleibt.

Und dann kam DER Moment der wohl allen Spielern im Gedächtnis blieb: Man betrat die Oberfläche der Ringwelt.

Sicher, es gab schon Außenlevel auch vor Halo, in Unreal zum Beispiel. Derart gestaltet, so frei, so begehbar, das hatte man in dieser Form aber noch nicht erlebt. Kurze Zeit später bestieg man auch noch den zweiten Hauptaspekt, was Halo so unterschiedlich machte:

Den Warthog. Auch heute noch macht es einfach unbeschreiblich Laune, mit der Kiste über Gräser und Strände zu düsen, ein Marine an der Hauptkanone, einer aufm Beifahrersitz. Bei kaum einem anderen Spiel wird dich die Rumblefunktion so massieren, wie in den Fahrpassagen von Halo.

Ocortana of Time

Das HD Remake bringt aber auch eher schlechtes zu Tage. Sachen, die meinem Vergangenheitsego nicht so sehr aufgefallen waren. Es passiert circa zur Halbzeit des Spiels. Die Flood treten zum ersten Mal in Erscheinung. Mit ihnen ändert sich natürlich auch das Gegnerverhalten. Vorher war es leicht taktisch, da sich besonders die Eliten als anspruchsvolle Gegner erwiesen. Davon merkt man bei den Floodzombies nichts mehr. Es wird nur noch tumb auf einen zugerannt, Gegner spawnen in Massen und überwältigen einen quasi.

Doch das ist nicht großartig schlimm. Was wirklich schlimm, und aus heutiger Sicht unverzeihlich ist, ist das Leveldesign. Copy & Paste regiert im späteren Spielverlauf. Besonders im Level „Bibliothek“. Boah, war der Level ätzend. Ständig die gleiche Architektur, HORDEN von Infizierten und einen dummen Guilty Spark, der nur Müll labert. Und der Level hört und hört nicht auf.

Wie frustresistent muss ich damals gewesen sein? Würde Halo das erste Mal erscheinen, dieser Level wäre sein Sargnagel und Microsoft müsste sich nen anderen Moneymaker suchen. So richtig besser wird danach auch nicht mehr, da man in den Leveln 8, 9 und 10 quasi die Level 3, 2 und 1 nachspielt, womit wir beim Zauberwort Backtracking wären.

Erst der allerletzte Abschnitt des gesamten Spiels bietet wieder etwas memorables: Die Flucht mit dem Warthog. Unter einem Zeitlimit durchs Schiff knattern, um einem herum explodiert alles, Aliens flüchten und dann kickt auf dem letzten Kilometer noch das Halo Theme ein: Gold! Damals verglich ich diesen Teil mit der Flucht aus dem inneren des Todessterns in Rückkehr der Jedi-Ritter und jetzt bin ich immer noch der Meinung, dass dies eine Huldigung an den Film darstellt.

Oracle of Ages

Wie ist Halo also nun gealtert? In meinen Augen vielleicht nicht ganz so gut. Aus heutiger Sicht ist es kaum zu begreifen, was für einen Sog Halo damals auslöste. Die Sachen, die das Spiel gut gemacht hat, sprich die Aussenwelt, das schnelle Gameplay, die Fahrzeugintegrierung, die Inszenierung der Kampagne, die Musik … all das wurde SO GUT gelöst, dass die negativen Punkte (fade Innenlevel, nerviges Backtracking, die Bibliothek) alle so verwässert wurden, dass sie nicht wirklich ins Gewicht fielen.

Darüber bin ich froh, denn der Master Chief John Spartan 117 hat sich so etabliert, dass er fehlen würde. Sowohl den Lovern als auch den Hatern. Die HD Collection an sich macht ihren Namen wirklich alle Ehre. Sehr schön präsentiert sie sich und sollte als Beweis gelten, dass man auch alte Titel schick in die Neuzeit rüberretten kann.

Nicht wahr, Silent Hill HD Collection für die PS3? (Amn. d. Red.: Micha, absoluter SH-Fan, bekommt schon bei dem Gedanken an das miese HD-Remake Schaum vor dem Mund.)

Nettes Feature ist auch das Umswitchen zur alten Grafik per Select Button. Es entsteht zwar eine kurze Pause, ist aber besser gelöst, als eine Textbox, ala „What a horrible night to have a curse“. Natürlich darf man aber auch sonst keine Grafikbombe erwarten, so wirken die Texturen matschig, wenn man genau hinsieht und die Animationen eher hölzern.

Beim Spielen fühlte ich mich angenehm in der Zeit zurückversetzt. Ich mußte öfters lächeln, wie zum Beispiel bei der ersten Lichtbrücke, weil ich damals total lange gebraucht hatte, um den Schalter zu finden. Oder daran, wie stark die normale Pistole war: Ich scheiterte erstmal grandios mehrmals an 2 Huntern, bis ich sie mit EINEM SCHUSS aus eben dieser Handfeuerwaffe niederstreckte. Oder aber auch an die System Links Sessions von damals bei nem Kollegen im Keller.

Es versetzte mich in eine schöne, unbeschwerte Zeit, zum Ende meiner Schullaufbahn, vor dem großen Abenteuer „Erwachsen werden“ (welches ich hoffentlich nie so richtig abschließen werde *g*) und allein dafür hat sich die Anschaffung für mich schon gelohnt.

Großartig geändert wurde nichts an der Kampagne, nur Terminals gibt es nun zu finden, die auf kryptische Art und Weise eine Minivorschau auf Halo 4 geben. Hinzugefügt wurde aber eine Kinectunterstützung. Per Sprachbefehl kann man nun zum Beispiel Granaten werfen, die Waffe wechseln, die Umgebung scannen oder auch die Helligkeit verändern. Letzteres schien das Spiel aber von alleine zu machen. Alle paar Minuten musste ich paar Mal DUNKLER rufen, weil das Bild zu hell war. In actionbetonten Arealen konnte man die Sprachsteuerung auch getrost vergessen.

Soweit mein Bericht aus der aktuellen Vergangenheit. Mal schaun, was uns die baldige Zukunft mit Halo 4 bringt.