Woah, Unreal Tournament!
Da werden Erinnerungen wach. Da gab es doch diesen verheißungsvollen Verpackungstext?

„This ist a challenge. To anyone who ever took down a man in a 3D-Shooter. And liked it. This is your last chance. To prove that you are the best. This is the gladiatorial arena of the future. This is a single-player trial by fire. A heavywight deathmatch championchip of the universe. Fot those willing to build a mountian of bodies and climb to the top. In enviroments that stun. Against A.I. that kills. For those willing to stake thier lives. In the pursuit of victory…We salute you.“

Epic veröffentlichte im Spätsommer 1999 einen 3D-Shooter, der eine radikale Abkehr vom bisherigen Spielprinzip aufwies: Der eigentlich grundlegende Einzelspieler-Modus wurde komplett ausgelassen. Damit fehlt eine packende Story, der den Einzelkämpfer durch eine Reihe von Levels voller ihm unterlegener Gegner führt. Statt dessen konzentrierten sich die Programmierer einzig und allein auf das Multiplayer-Spiel.

So flach war dann also auch die Hintergrundgeschichte von „UT“: Die Kämpfe wurden einfach als futuristische Sportart abgestempelt, die das Volk – wie bei den alten Römern – unterhält. Brot und Spiele. Dazu werden die Kämpfer alle in eine große Arena geworfen und ein paar Waffen bereitgestellt, mit denen sich dann die „Sportler“ gegenseitig den Schädel. wegballern können. Aber sind wir mal ehrlich: Wer brauchte damals und auch heute wirklich eine ausgefeilte Geschichte für einen Multiplayer-Shooter. Das war höchstes eine schlechte Entschuldigung für das Schlachtengetummel, das damals wie heute Millionen von Gamern in tausend Variationen in seinen Bann zieht. UT kam damals allerdings zu einer Zeit raus, als Multiplayer-Gefechte noch nicht soooo der große Renner waren. Klar, in diversen ID-Software Titeln hat man in muffeligen Kreisen durchaus schon das virtuelle Kriegsbeil geschwungen, aber so richtig „modern“ wurde es erst mit UT.

Ach, wad war dat schön!

Angetrieben von einem kleinem Nostalgie-Flash suche ich die CD aus dem Regal und installiere es, nach ein paar betriebssystembedingten Hürden, auf meinem Rechner. Mit einem Doppelklick auf das UT-Symbol auf dem Desktop werde ich augenblicklich 10 Jahre jünger: Das Spiel präsentiert sich nach dem Intro dem Spieler zunächst als ein gut aufgeräumtes Menü im Windows-Stil. Nix mit wilden Animationen und so. Hier kann man nach belieben sein Alter Ego editieren, wählt die Waffenhand und die Anzeigendarstellung für die Informationen im Spiel aus, ect. Es gibt eine Fülle an Optionen, kaum ein 3D-Shooter bot damals so viele Einstellungsmöglichkeiten. Ist man mit dem „justieren“ fertig, hat man die Möglichkeit ein Tutorial zu starten, in denen die wesentlichen Spielregeln der insgesamt fünf Spielmodi erklärt werden: So gibt es den klassischen „Deathmatch“ und das recht bekannte „Capture the Flag“. Hinzu gesellen sich noch „Domination“, wo einzelne Punkte in der Arena erobert und so lang wie möglich gehalten werden müssen, und „Assault“, bei dem eine Basis verteidigt oder erobert werden muss. Als Bonus gibt es noch den „Last Man Standing“-Modus, ein verschärfte Variante des „Deathmatch“, wo jeder Spieler nur eine bestimmte Anzahl an Leben hat und der letzte Überlebende gewinnt. Die jüngeren Gamer rufen jetzt: Das ist doch alter Hut. Und als alter Gamer sag ich: Ja, das stimmt. Heute zumindest. Damals waren das teilweise Spielmodi, mit denen Epic Spuren in der Spielewelt hinterlassen sollte, da sie heute – unter anderen Namen und in leicht abgewandelter, manchmal verbesserter Form – zum festen Standard aller Multiplayer-Shootereien gehören.

Hatte man alle Spielmodi, die zehn unterschiedlichen Waffen (mit Zweitfeuerfunktion) und die fünfzig sehr abwechslungsreichen und gut designten Arenen satt, gab es immer noch die Möglichkeit mit sog. „Mutators“ das Spielgeschehen zu würzen. Mutators waren sowas wie die Mini-Versionen von Mods. Ein interessanter Kniff, denn oft wurde mit einfachen Veränderungen, wie etwa geringere Gravitation oder Instant-Death-Waffen, das komplette Spielerlebnis umgekrempelt. Ist dem Spieler das nicht genug gewesen, so konnte er sich immer noch neue Karten und Spielmodi aus dem Internet laden. Sogar neue Waffen und Skins bzw. Models waren und sind kostenlos erhältlich, die Hauptsächlich von Fans und Hobbyprogrammierern erstellt wurden. Mittlerweile gibt es einige Mods auch als Standalone-Programm.

als Bots laufen lernten

Da „UT“ auch für Einzelspieler interessant sein sollte, hat Epic Megagames[1] einen Singleplayer-Modus intregiert, in denen der Spieler gegen bis zu 16 und damals erstaunlich intelligente „Bots“ antritt, die man in acht Schwierigkeitsstufen genießen kann. Während die Computergegner in der untersten Schwierigkeitsstufe „Novize“ nur besseres Kanonenfutter sind, sind sie ab den mittleren Stufen kaum von menschlichen Mitstreitern zu unterscheiden: Sie bewegen sich fliessend durch die Levels, wissen wo „Power-Ups“ versteckt sind und wie sie am besten einzustetzen sind. Sogar gute Verstecke erkennen sie und wie sie den Spieler und ihresgleichen mit Präzisionswaffen in die Enge treiben, haben sie auch von den Programmieren gelernt. Auch im Teamplay (etwa im CTF) haben die „Bots“ gute Strategien und reagieren dynamisch auf die jeweilige Spielsituation. Ebenso hören sie auf die Befehle des Spielers, die er mit einem Shortcut belegen kann. Stellt man die „Bots“ auf die höchste Schwierigkeitsstufe „Godlike“, werden selbst absolute Shooter-Profis ihre liebe Mühe und Not haben, gegen sie zu gewinnen. Das gilt erstaunlicherweise noch heute. „Ha!“ dachte ich und stellte die Bots auf einen hohen Schwierigkeitsgrad. Über 10 Jahre nach Release sollte man heute schließlich locker mit der KI von damals fertig werden. Nach ein paar Runden Deathmatch die Ernüchterung: Zwar sind die Bots manchmal blind und kennen das Wort „Deckung“ nicht, harte Gegner sind sie aber auch heute noch.

Soundtechnisch und optisch hatte „UT“ so einiges zu bieten: Während man mit dem schnellen und manchmal sogar sehr hektischen Treiben auf dem Bildschirm beschäftigt ist, klingt nahezu geniale Musik aus den Lautsprechern, die wunderbar zu dem Spielgeschen passt. Oh ja, was hätte ich mir diese coolen Songs, die wie Kompositionen aus der Demoscene klingen, in den neueren UTs gewünscht![2] Auch die heute noch coolen Soundeffekte unterstreichen die Akustik. Vor allem an der Musik ist gut zu erkennen: Soundtechnisch ist UT kaum gealtert. Visuell sieht das selbstverständlich mittlerweile ganz anders aus, aber immerhin ist die Engine heute butterweich. Und das schon damals starke Leveldesign lässt die Maps auch heute noch gut spielen. Schon seltsam, das einige Nacharmer dieses Niveau nie erreicht haben.

Ballast durch Evolution

Eigentlich wollte ich nur ein paar Minuten in das gute alte Unreal Tournament reinschauen, doch letzten Endes habe ich einige Stunden lang ein Stück Erinnerung aus meiner Schulzeit aufleben lassen. UT kommt aus einer Zeit, als noch „mindestens 28.000 Baud“ auf der Rückseite der Packung stand, und doch hat das Spiel an Spaß und Spielbarkeit kaum verloren. Im Gegenteil: Man merkt sogar, welchen Ballast sich das Multiplayer-Ego-Shooter-Genre über die Jahre angeeignet hat. Wer braucht ein Ranking-System, realistisch nachgebaute Waffen, steuerbare Vehikel, diesen ganzen Ragdoll-Kram und ein Deckungssystem? Damals, als UT die Gamingwelt mit Awesomeness auf den Kopf gestellt hat, brauchte man diesen ganzen Scheiß noch nicht, um Spaß zu haben. Und ich bin nun überzeugt, das würde heute auch noch funktionieren.

Unreal Tournament
Einer DER Klassiker unter den Arena-Shootern, mit dem ich ausschließlich gute LAN-Erinnerungen verbinde. Technisch mag das Spiel gealtert sein, aber es spielt sich auch etliche Jahre nach seiner Veröffentlichung noch so flott und fetzig wie eh und je.
10Gesamtwertung
  1. [1]Ja, echt. So hießen die damals. MEGAGAMES!
  2. [2]Erinnert sich noch jemand an die schreckliche Zirkus-Musik aus UT 2003? Urks!