Okay, ich geb’s zu. Ich war einer dieser Leute, die sich damals im Jahre 2000 nach der Tech-Demo des Gamecube-Zeldas über die realistische Grafik freuten und einem epischen Abenteuer mit einem erwachsenen Link entgegeneiferten. Und dann wurde Windwaker angekündigt und ich fiel vom Glauben ab. So sollte das neue Zelda aussehen? Wie ein Cartoon? Auf der Konsole, die locker grafische Leckerbissen wie Rogue Squadron rendern kann? Und das nach all der Zeit, die ich in Hyrule investiert habe? Niemals! Ich war aufgebracht und fühlte mich PERSÖNLICH von Nintendo an der Nase herumgeführt. Ich war enttäuscht und eine endlos lange, zelda-lose Zeit brach für mich an. Tatsächlich ließ ich nach all dem Echauffieren über Windwakers vermeintlich viel zu kindischen Grafikstil jeden weiteren Zelda-Titel aus. Bis heute.

Genauer gesagt, bis ich mir nun eine Wii U im Windwaker HD-Bundle gekauft habe. Schließlich sind Jahre ins Land gegangen und man wurde reifer und erfahrener und plötzlich wirkte der Grund sich ein Zelda entgehen zu lassen, nur wegen eines experimentellen grafischen Stils, total idiotisch. Und alle Kritikerstimmen zu Windwaker waren positiv. Kurz sei es zwar und das letzte Drittel des Spiels durchzogen von einer nervigen Suche nach den Triforce-Bruchstücken, aber dennoch eines der „wichtigen“ Zeldas, die man gespielt haben muss. Ich war gewillt, das einfach für mich selber herauszufinden und beinahe blind – da ich mich wegen meines Verdrusses über das ganze Windwaker-Comic-Grafik-Ding damals kaum über den Titel informierte – begann ich mein Abenteuer.

Die ersten Minuten eines Spiels machen das Spiel


Alle meine bisherigen Reisen nach Hyrule konnten mich immer von Anfang an packen. Unvergessen sind die ersten Spieleminuten von A Link To The Past, in denen man im strömenden Regen seinem Onkel hinterher in das Hyrule Castle folgt und dort direkt ins Abenteuer stolpert. Oder aber die gesamte erste Sequenz im Kokiri Forrest nach dessen Abschluss man mit heruntergeklappter Kinnlade das erste Mal die Hyrule Fields betritt. Mein erstes Zelda seit nunmehr 15 Jahren kann mich als längst erwachsenen Gamer nun wirklich nicht mehr überraschen – dachte ich.


Die Introsequenz von Wind Waker ist bereits ein kleines Meisterstück mit seinem epischen aber trotzdem nicht überbordenden Soundtrack und den schlichten Zeichnungen, die tatsächlich aus einem Geschichtsbuch stammen könnten. Gerade diese Zurückhaltung habe ich nicht erwartet. Zelda ist immerhin neben Mario und Pokemon die größte IP von Nintendo. Und eine mit einer epischen Hintergrundgeschichte dazu. Da kann man ruhig mal auf die Kacke hauen. Macht Nintendo aber nicht. In Anbetracht dieses total unprätentiösen und trotzdem wirksamen Einstiegs in Wind Waker war ich unheimlich überrascht.

Segeln wie in Assassin’s Creed – nur weniger Scheiße

Nach dem erfrischenden, geradezu sommerlichen Einstieg in die Abenteuer des Wind Waker-Links auf seiner Heimatinsel Präludien, folgt gleich die nächste Überraschung für mich: Der Titel ist ein astreines Open World Game! Link kann mit seinem treuen, roten und … öh sprechenden Boot von Insel zu Insel segeln, ohne dass irgendwie nachgeladen werden muss. Es sei denn, man betritt ein Gebäude. Im Prinzip wie bei Assassin’s Creed: Black Flag. Nur, dass das zunächst einmal zehn Jahre später kam und es da als cooles neues Feature angekündigt wurde und zum anderen war das Segeln in AssCreed furchtbar unspaßig. Langsam wird mir bewusst, dass es die reinste Blödheit war, Wind Waker damals auf dem Gamecube auszulassen.


Jedenfalls nimmt Wind Waker richtig Fahrt auf (pun intended), sobald man sein Boot bekommt und ehe man sich versieht wird man auch schon wieder mit der Rettung Hyrules beauftragt, obwohl man ursprünglich eigentlich „nur“ seine Schwester retten wollte. So weit, so bekannt. Doch Wind Waker hat noch nicht all seine Asse verspielt, denn es folgt abermals eine große Überraschung: MAN BETRITT … Moment, das sollte ich zur Vermeidung von Spoilern lieber nicht schreiben. Dennoch: Es gibt da eine Begebenheit in Wind Waker, die einen an einen ganz bestimmten Ort führt. Als Fan der alten Zelda-Teile verschlug es mir regelrecht den Atem und ich feierte für einen kleinen Moment alleine vorm Fernseher, wie cool das gerade ist. Eine weitere Überraschung würde ich vermutlich nicht überleben. Aber es gibt noch mehr. Dazu kommen wir aber später.

Ausgerechnet die verschriene Cel Shading-Optik hat der Urfassung von Wind Waker eine Zeitlosigkeit gegeben, die besonders konservative Zelda-Fans dem Titel nicht zugestehen möchten.  In HD sieht die wunderbare Welt des Spiels noch farbenfroher aus denn je. Wenn diese Grafik nicht die Entdeckerlust weckt, dann wissen wir auch nicht ...

Ausgerechnet die verschriene Cel Shading-Optik hat der Urfassung von Wind Waker eine Zeitlosigkeit gegeben, die besonders konservative Zelda-Fans dem Titel nicht zugestehen möchten. In HD sieht die wunderbare Welt des Spiels noch farbenfroher aus denn je. Wenn diese Grafik nicht die Entdeckerlust weckt, dann wissen wir auch nicht …

Technisch astrein – nach wie vor

Mal ein paar Worte zu der Präsentation, denn das könnte bei einem Remake ja auch von Interesse sein. Wind Waker HD sieht einfach phantastisch aus! Die Beleuchtung macht alles so plastisch, es riecht förmlich nach einem sonnigen Tag am Strand, die Animationen sind liebevoll und vor allem butterweich, alles wiegt ein wenig im Wind und die intensiven Farben und die Dynamik des Bildes lässt jeden einzelnen Frame wallpaper-tauglich erscheinen. Auf einem großen Fernseher macht das Ding echt was her. Dazu gibt es halt noch neumodischen Schnickschnack wie dieses Miiverse-Flaschenpost-Social-Ding und das sofortige Umswitchen der Items auf dem Gamepad. Nice!


Einen so alten Titel auf eine aktuelle Konsole zu bringen ist vermutlich ein großes technisches Unterfangen, welches Nintendo mit Bravour gemeistert hat. Allerdings muss man sagen, dass das Gamecube-Wind Waker einfach einen zeitlosen Stil kreiert hat, der heute genauso gut funktioniert. Gäbe es die technischen Upgrades, wie die verbesserten Shader nicht, wäre das Spiel nach wie vor zum verlieben schön. Nicht zuletzt auch wegen Links Fähigkeit, Emotionen zu zeigen, kann man sich in den Stil von Wind Waker kaum entziehen. Nintendo verpasste schon im Original unserem grüngewandeten Helden viele verschiedene Gesichtsanimationen, die sich zwar cartoonmäßig als 2D-Sprites darstellen, aber nichtsdestotrotz funktionieren. Als Link in der Sequenz, in der er seine Heimatinsel verlässt um seine Schwester zu retten, tapfer seiner Großmutter vom Boot aus zuwinkt, die nun allein auf der Insel zurückbleibt, hatte ich schon eine kleine Träne im Knopfloch. Hätte er gewusst, dass er nicht nur die Schwester, sondern auch ganz Hyrule retten muss, hätte er gewiss noch etwas düsterer dreingeblickt.


Einen hamse noch…

Zum Thema „düster“: Etwas, was ich in dem zunächst etwas kindlich wirkenden Wind Waker ebenfalls nicht erwartet hätte, war die größte Überraschung für mich: Der Endkampf erinnerte mich eher an etwas aus einem Survival Horror-Titel. Zunächst wird man mürbe gemacht mit diesem seltsamen Phantom Ganondorf Labyrinth (es sei denn, man rafft das System schneller als ich), ähnlich wie man in Silent Hill 2 im letzten Drittel in einem Labyrinth mürbe gemacht wird. Dann folgt ein mehrere Formen umfassender Endkampf, bei dem Metaphern benutzt werden, die gewiss auch an Erwachsenen nicht spurlos vorbeigehen: Eine übergroße Marionette, die je nachdem wie stark man sie schwächt, immer lebloser an ihren Fäden baumelt. Dann folgt als nächstes ein ebenso übergroßes Spinnenwesen, dass sich seltsam windet, wenn man es trifft. Leblose Puppen und Spinnen in meinem Zelda? Fuck yeah!


Wie man also lesen kann hat mich Wind Waker HD ziemlich umgehauen. Mein Vergangenheits-Ich lag falsch mit der Annahme, es handele sich um ein „Zelda für Kinder“ und ich finde es im Nachhinein schade, es nicht zu Gamecube-Zeiten gespielt zu haben. Aber es jetzt auf der Wii U nachzuholen ist vermutlich genauso gut. Denn nicht nur die modernisierte Grafik des HD-Remakes ist ein Reinschauen wert, Wind Waker war – wie Kritiker sagen und ich jetzt auch – seit Gamecube-Tagen schon immer ein besonderes Zelda. Gar eines der „wichtigen“ Zeldas, die man gespielt haben muss! Wie schön, dass ich nach all diesen Jahren doch noch zur Vernunft gekommen bin.

Zu Wasser, zu Land und zu Luft: Die Fortbewegungsmöglichkeiten in Wind Waker sind ebenso vielfältig wie die vielen Geheimnisse, die es in den weitläufigen Landschaften zu entdecken gilt. Wer gerne auf Schatzsuche geht, wir hier sehr glücklich werden.

Zu Wasser, zu Land und zu Luft: Die Fortbewegungsmöglichkeiten in Wind Waker sind ebenso vielfältig wie die vielen Geheimnisse, die es in den weitläufigen Landschaften zu entdecken gilt. Wer gerne auf Schatzsuche geht, wir hier sehr glücklich werden.

Zelda: Wind Waker HD
Wind Waker ist eine der eigensinnigsten Zelda-Interpretationen und mit Leichtigkeit eine der beeindruckendsten. Dieses Spiel atmet regelrecht die Lust am Reisen und lädt auf eine ausgiebige Entdeckertour ein, bei der man viele wundervolle Momente nicht mehr vergessen wird. Es mag zwar eine kindgerechte Optik haben, aber in dem Spiel schlägt das Herz eines ausgewachsenen Abenteurers.


9Gesamtwertung