Zieht mal euren Schuh, eure Pantoffel und eure Socken aus und schaut euch genau an, was dann zum Vorschein kommt. Füße. Mit Fußnägeln. Schaut sie euch genau an. Sind sie vielleicht zu lang? Oder doch gerade erst gekürzt? Hmm, so oder so werdet ihr euch aber sicher dann und wann die Nägel schneiden. Das kann spannend sein. Etwa dann, wenn ihr den ganzen Tag durch die Weltgeschichte gelatscht seid und eure Füße stinken wie die Arbeitskleidung einer Käsethekenbedienung am Ende des Tages. Oder ihr blöd genug seid das unter laufenden Wasser in der Dusche zu tun, wo ihr jederzeit abrutschen und euch die Schere ins eigene Fleisch rammen könntet. Ihr hört unter der Dusche Radio? Jedes sforzato könnte euer Schicksal besiegeln. Egal unter welchen Umständen ihr es tut: Fußnägel schneiden ist spannender als Soldier of Fortune 3: Payback.

*schnipp*

Lassen wir uns nicht lange um den heißen Brei herumreden: In erster Linie ist der dritte Teil der kontrovers diskutierten Actionreihe völlig überflüssig. Nicht weil Gewaltspiele derzeit so intensiv debattiert werden und auch nicht, weil sich das Spiel den Vorwurf gefallen lassen muss ein reiner Gewaltporno zu sein, sondern hauptsächlich deswegen, weil es gegenüber seinen Vorgängern nicht die leisesten Akzente setzen kann. Wir erinnern uns: Teil eins warb mit seinem detaillierten Schadensmodell und bot mit seinen fast 30 inviduellen Trefferzonen genug Freiraum für sadistische Naturen. Wer mit der überzogenen Gewaltdarstellung nicht viel anfangen konnte, hatte immerhin noch einen rasanten Actioner in der Hand, der in allerbester Dulf Lundgren-Manier unterhalten konnte. Eine Eigenschaft, die im Bereich der Videospiele durchaus ein Indikator für Spaß sein kann. Der zweite Teil konnte die Messlatte für das Schadensmodell sogar noch um einiges höher setzen und war quasi wie das Prequel, nur mit viel mehr Szenarien und einigen Waffen mehr. Mit anderen Worten: Mehr Sadismus, mehr Lundgren, mehr Skandal.

Und was ist nun Teil drei? Eine konsequente Weiterentwicklung? Ein Fest für Gorehounds in High Definition? Mitnichten: Payback ist eine schnell produzierte Bauchlandung, die lediglich durch ihren Namen und etwas Blut möglichst flux Kohle in die Kassen der Produzenten bringen soll. Eine Schlaftablette in Form eines Ego-Shooters. Ein Splatter-Blender im großen Stil. Gründe?

*schnapp*

Zunächst:
Das Schadensmodell ist eine Rückentwicklung. Die durch Schießprügel hervorgerufenen Sterbeanimationen sind längst nicht so mannigfaltig wie in den ersten beiden Spielen und – so makaber das nun klingen mag – die Gegner können nicht sonderlich viel verlieren. Wo im zweiten Spiel noch die drei Gs zu sehen waren (Gedärm, Gehirn & Gespratze), rotiert hier lediglich das eine G (Gliedmaßen). Dummerweise ist die Gewaltdarstellung das primäre Aushängeschild von SoF, aber selbst Gorehounds werden sich nur über die ersten drei Minuten freuen. Dann stellen die auch fest: Daran sieht man sich schnell satt.

Und dann noch folgendes:
Soldier of Fortune 3 wirkt in allen Belangen fürchterlich unmotiviert. Wo die ersten beiden Spiele noch wie BumBumBoris-Actionschinken erzählt werden und knackige Schießereien geboten haben, wird hier die Geschichte mit vorgelesenen Texteinblendungen erzählt. Und die Gegner verhalten sich wie Lemminge. Sprich: Sie kommen der Reihe nach mit der Waffe im Anschlag um die Ecke gestolpert und rufen im Chor höchst unchristliche Dinge. Huch? Unchristlich?!? Aber ja, denn SoF3 versucht nicht nur mit seiner Gewaltdarstellung zu schocken, sondern auch mit seinen Szenarien. Die könnten glatt aus der Feder eines gewissen Herrn Bush stammen. Aber die letztendliche Darstellung dieser weltweiten Brennpunkte – so wie sie auf der Rückseite der Spielepackung angepriesen werden – ist ebenso infantil wie klischeehaft. Ob wir nun Pseudo-Taliban den Turban vom Schädel schießen oder skrupellosen Waffenhändlern aus dem alten Europa ihre eigene Munition um die dreckigen Ohren hauen – all das wirkt wie aus dem undifferenzierten Bilderbuch aktueller amerikanischer Ölfindung. Klar, ein Söldner steht zwischen den Fronten, aber das glaubt man der Rahmengeschichte von SoF3 kaum. Worum es geht? Drei Stichworte: Terroristen, Verschwörung, Weltbedrohung. Alles klar?

*Nagelpfeile zück*

Man kann sich soger länger mit dem Stutzen eines einzelnen Zehs beschäftigen als mit der Solo-Kampagne: Die ist für den Durchschnittszocker nach knapp drei Stunden vorbei. Wenn man das Spiel trotz aller Kritik trotzdem noch zu irgendwas verwenden kann, dann zumindest als kurzweiliges Mein-Tag-war-fürn-Arsch-Aggressionsabbau-Ventil, oder im Multiplayer als Deathmatch-Quicke. Aber Hand aufs Herz: Selbst für diese beiden Punkte gibt es eine handvoll lohnenswerterer Alternativen. Hatte ich schon Fußnägel erwähnt?