Das klassische Waffenreportiere im Survival Horror – Genre sieht normalerweise so aus: Messer, Pistole, Schrotflinte. Doch ausgerechnet aus der Softwareschmiede des brachialen Splatters “Resident Evil” kommt ein Titel, wo man stattdessen Schwerter schwingt. Straffe Helden, fernöstliche Mythen, hässliche Dämonen und schöne Prinzessinnen: Herzlich willkommen in der fabelhaften Welt von “Onimusha”, einem Survival Horror/Hack`n Slay-Hybriden.

Das Spiel beginnt mit einem opulenten Intro: Mit einem Überraschungsangriff überrennt der Kriegsherr Oda Nobunaga das feindliche Heer der Imagawa und will sich schon lauthaus lachend einen Leuchtkeks freuen, als ihm ein gezielt geschossener Pfeil mitsamt seinem Lachen sprichwörtlich im Halse stecken bleibt. Der Oberdämon Fortinbras fängt den frisch gestorbenen Nobunaga im Jenseits ab und schließt mit ihm einen Pakt, mit dem seine Seele zwar zum Teufel fährt, ihm aber immerhin eine nahezu unerschöpfliche Masse an Untoten beschehrt. Mit dieser fauligen, aber grossen Armee wagt Nobunaga einen Angriff auf die Festung des Saito-Clans und entführt nebenbei noch die schnuckelige Prinzessin Yuki.
Samanuske Akechi, ein umherirrender Samurai und entfernter Verwandter von Yuki, hat von der Prinzessin einen Brief erhalten, in der sie ihre Befürchtung in Gefahr zu sein schildert. Doch Samanuske und seine Ninja-Begleiterun Kaede kommen um nur wenige Sekunden zu spät und müssen mit ansehen, wie Yuki von einem grossen Dämonen verschleppt wird, von dem Samanuske leider ziemlich übel eins auf die Schnauze bekommt. Im Reich der Träume macht unser Samarai allerdings Bekanntschaft mit dem mysteriösen Oger-Clan, die Nabunaga`s Treiben ein Ende setzen wollen, und statten Samanuske mit einem magischen Panzerhandschuh aus, mit dem er fortan in der Lage ist, die Seelen getöteter Seelen aufzusaugen und diese für Waffenupgrades zu nutzen. Nach dieser Begegnung der etwas anderen Art macht sich der mutige Samanuske zusammen mit Kaede auf die Suche nach Yuki. Deren Wege werden grosse, grössere und ganz, ganz grosse Gegner kreuzen, während sie nebenbei noch ein paar interessante Dinge über die Clans und zu Yuki erfahren werden.

Schnipp, Schnapp: Rübe ab.

Kommen wir noch einmal kurz zurück auf den Panzerhandschuh: Wie bereits erwähnt, wird dieser zum Seelen-Saugen genutzt, die sich in Waffenupgrades nutzen lassen. Prinzipiell gibt es fünf unterschiedliche Schwerter: Zum einen das sehr schwache Standart-Schwert, das Samanuske von Anfang an mit sich trägt, zum anderen die schon deutlisch stärkeren drei magischen Schwerter, die über verschiedene Spezialatacken verfügen. Es gibt ein Blitz-Schwert, ein Feuer-Schwert und einen Hauer mit zwei Klingen, das Wind-Schwert. Zu guter letzt gibt es noch ein sehr starkes Schlachtwerkzeug, welches man erst unter bestimmten Voraussetzungen kurz vor Ende des Spieles aus einer geheimen Kammer holen kann. Es ist so stark wie alle drei magischen Schwerter zusammen. Abgesehen von dem erstgenannten und dem zuletzt genannten Schwert lassen sich alle in drei Stufen aufwerten. Dasselbe gilt auch für magisch versiegelte Türen. Erst mit der entsprechenden Upgradestufe lassen sich entsprechend starke Versiegelungen höffnen. Das ersetzt zu grossen Teilen die im Genre übliche Schlüsselsucherei, zwingt den Spieler aber auch dazu, gut überlegt Aufzurüsten und fleissig zu kämpfen.
Neben den Schwertern findet Samanuske noch Pfeil und Bogen und sogar ein Luntengewehr. Allerdings sind diese beiden Waffen rar gesät und sollten deshalb sparsam eingesetzt werden. Bei den Boss-Kämpfen etwa.

Mit der Steuerungsübernahme über Samanuske finden wir uns gleichzeitig in der Rolle eines fähigen Schwertkämpfers wieder. Die Steuerung an sich ist simpel: Mit R1 kann man den nächststehenden Gegner fixieren, während man ihn mit der Angriffstaste auf`s Korn nimmt. Die Hiebe lassen sich mit gleichzeitigem Drücken der Richtungstasten varrieren, wobei sich verschiedene Angriffsmöglichkeiten durch unterschiedliche Positionen des Gegners und der eigenen Spielfigur offenbaren. Beispielsweise kann man bereits zu Boden gefechtete Monster mit einem kräftigen Hieb in den Torso über den Jordan jagen. Im Laufe des Spieles übernehmen wir auch die Rolle von Kaede, die etwas flinker unterwegs ist als Samanuske, alerdings über nicht allzuviel Kraft in den Armen hat und zudem nur einen Dolch zur Verfügung hat. Konfrontationen mit grossen Gegnern sollten mit ihr also vermieden werden.
Zu guter letzt haben wir noch die Möglichkeit Angriffe zu blocken, was in den meisten Fällen auch prima funktioniert. Hier und da gibt es aber immer wieder Gegnertypen, die über Angriffe bzw. Waffen verfügen, die man nicht blocken kann. Ein Glück, dass wir recht wendig sind. Im Großen und Ganzem ist die Steuerung nicht allzu komplex ausgefallen, was aber der schnellen und freudigen Metzelei zugute kommt.

Bei einem solchen Kampfsystem, dass auf Auseinandersetzungen mit Hiebwaffen getrimmt wurde, liegt es eigentlich nahe, das es in “Onimusha” sehr actionreich zugeht. Und tatsächlich: Hier wird geschnetzelt und geschnitzt, bis sich die Klingen biegen. Obwohl es nur so von ekeligen Zombies, grossen Monstern und hässlichen Dämonen wimmelt, ist die gesamte Atmosphäre weitesgehend ungruselig ausgefallen. Somit bewegt sich “Onimusha” am äußersten Rand des Genres, bestitz aber trotzdem alle üblichen Eigenschaften der Genrekollegen, die auf der Bank etwas weiter in der Mitte sitzen. Wir lösen regelmäßig Rätsel, die Präsentation ist sehr cineastisch und auch die Bedienung der Inventare kommt einem Genrefan verdächtig bekannt vor.

Schick, aber nicht immer geschickt präsentiert.

Wo wir gerade bei der Präsentation sind: Die Technische Seite von “Onimusha” ist – gemessen an dem technischen Stand von 2001 – sehr gut gelungen: Die Animationen der detaillierten Figuren sehen dank MoCap fantastisch aus, die vorgerenderten Hintergrunde sind sehr detailliert und auch das gesamte fernöstliche Design gibt einiges her. Schön dabei ist, dass Ladezeiten minimal zu spüren sind – wobei es trotzdem eine Unterbrechung von ein paar Milisekunden zwischen den einzelnen Bildern gibt. Soviel Abwechslung, Grafikeffekt und Schönheit dem Auge auch geboten wird: Leider heben sich die Polygonfiguren noch von dem Render-Hintergrund ab, auch wenn dies nach einer kurzen Spielzeit nicht mehr ins Gewicht fällt. Ärgerlich sind manchmal auch die vom Spiel vorgegebenen Kamerapositionen: Wenn man in einem Kampf von Gegnern umzingelt ist und Samanuske einfach nicht sieht, weil die Sicht von Riesen-Brocken blockiert ist, dann sind Wutanfälle seitens des Spielers vorprogrammiert. Zum Glück kommen diese Situationen nicht allzuoft vor.
Von den Soundeffekten hätten es durchaus noch ein paar mehr sein können. Die, die jedoch vorhanden sind, klingen sehr ordentlich. Völlig phantastisch hingegen ist der gesamte Soundtrack, der mit einem Orchester eingespielt wurde. Die absolut professionell und tadellos klingenden Kompositionen bieten eine breite Palette von pathetischen Ohrenkrachern bis hin zu geheimnisvollen, asiatisch angehauchten Melodien.

Ein paar Worten müssen noch zur Spielzeit und dem Schwierigkeitsgrad verloren werden: Die reine Spielzeit beträgt etwa 6 bis 7 Stunden und ist daher leider nicht allzulang ausgefallen. Allerdings ist Onimusha an manchen Stellen bockschwer, was so manchen Spieler frustrieren könnte. Eine harte Nuss, die aber dank der hohen Qualität durchaus stetig motiviert.

Im Folgendem eine Anmerkung zur PC-Version: Wir alle wissen, dass Konsolen-Portierungen nicht unbedingt den besten Ruf in PC-Spieler-Kreisen haben und “Onimusha” leistet da leider auch nicht unbedingt einen postiven Beitrag zu. Inhaltlich ist alles so wie in der PS2-Version geblieben, technisch gurkt das Spiel auf dem PC eher im Mittelfeld rum, wenn nicht sogar weiter hinten: Die Grafik läuft zwar ganz ordentlich, kommt aber bei vielen Gegnern schnell ins Stocken. Wer einen sehr, sehr schnellen PC sein eigen nennt, wird dies vielleicht nicht merken. Weiterhin ist die Optik sehr unscharf ausgefallen, was angesichts der eigentlich sehr detaillierten Hintergründe und Figuren sehr schade ist. Zudem trüben kleinere Knackser in den Soundeffekten das Klangerlebnis. Steuerungstechnisch geht das Spielen via Tastatur erstaunlich gut von der Hand, allerdings hätte man sich schon Pad-Unterstützung gewünscht. So oder so: Man wird hierzulande sowieso kaum Chancen haben, an die PC-Version ranzukommen, da es nur in Asien veröffentlicht wurde. Sämtliche Texte sind auf chinesisch, auch wenn man zwischen chinesischer und englischer gesprochener Sprache wählen kann.

Der erste Onimusha hat drei Fortsetzungen und zwei Spin-Offs nach sich gezogen, ein Film von Christophe Gans ist in der Mache. Wer dem Hack`n Slay-Genre nicht abgeneigt und das Spiel noch nicht kennt, kann damit ein auch heute noch sehr gut spielbaren und atmosphärischen Auftakt einer zu recht erfolgreichen Spielereihe nachholen.