Kriege wurden in Videospielen schon oft ausgefochten, aber gerade im Bezug auf den zweiten Weltkrieg wurden immer und immer wieder die gleichen Szenerien bemüht. Bei Uprising44 – The Silent Shadows ist dies allerdings nicht der Fall. Die polnische Independent-Produktion hat sich den Warschauer Aufstand 1944 als Kulisse ausgesucht und hebt sich somit zumindest in dieser Hinsicht von seinen Konkurrenten ab. So steht man also auf der Seite der Aufständischen, als auch Zivilisten und versucht die von Nazi-Truppen besetzte Stadt zu befreien. Eine spannende Idee – allerdings wird der historische Kontext wenig effizient genutzt und die auf dem Papier verheißungsvoll klingende Mischung aus 3rd-Person-Shooter und RTS erweist sich in der Umsetzung weitaus weniger spannend als erhofft.

aufgescheuchte Hühner

Die grösste Krux am Gameplay ist die künstliche Intelligenz. Bezüglich des Shooter-Anteils ist es nicht zwingend dramatisch, dass Gegner einen nicht flankieren oder besonders gewiefte Attacken anwenden, aber die hier gezeigte Stumpfheit ist unverzeihlich. Die Deutschen verstecken sich, ohne je die Stellung zu verändern und lassen ihre Extremitäten aus der Deckung hervor ragen – die selbstverständlich angeschossen und zum tödlichen Schaden führen, was vielen Straßengefechten den Stachel nimmt. Alternativ tauchen sie wenig plausibel aus verschiedensten Ecken auf, stehen manchmal sogar starr mitten im Gang. Als zweite Taktik stürmen die Deutschen einfach auf die Protagonisten zu, schön in Reih und Glied – und schießen sich dabei gegenseitig in den Rücken. Die Regelmäßigkeit, mit der dies Malheur geschieht, ist bedauernswert.

Die generellen Probleme in der Wegfindung wiegen im RTS-Teil umso schwerer, da hier auch die eigenen Kameraden befehligt werden müssen. Einigeln bleibt leider oft die einzige Taktik, die von Erfolg gekrönt ist; ebenso wie die Nutzung der Spezialfähigkeiten, etwa Kreuzfeuer, die wie ein immer einsetzbarer Joker wirken. Egal was man seinen virtuellen Freunden befehligt: Sie zielen wie besoffene Hunde, und auch die Deutschen laufen wie aufgescheuchte Hühner über das Feld, während die Kugeln alles, nur nicht die Aufständischen treffen. Das ist wirklich schade, weil zumindest mir die Übergänge gut gefallen: Der Hauptcharakter schaut durch ein Fernglas auf seine Kameraden und das Spiel wechselt automatisch in den RTS-Modus. Leider ist gerade in der Echtzeitstrategie die KI das A und O, welches bei Uprising44 leider nicht vorhanden ist. Man kann teilweise schon froh sein, wenn die KI überhaupt halbwegs auf Eingaben reagiert.

Neben den handwerklichen Defiziten, die sich auch in der audiovisuellen Präsentation manifestieren, ist aber besonders die Dramaturgie enttäuschend. Zwar wurde mit dem Warschauer Aufstand ein unverbrauchtes Szenario gewählt, aber das Spiel verpasst es die wesentlichen Eckpunkte des realen Ereignisses nachzuerzählen. Stattdessen begnügten sich die Entwickler damit die Kulisse lediglich visuell zu nutzen und alles andere weitestgehend unter den Tisch fallen zu lassen. Ergo schaut Warschau auch irgendwie nach Warschau aus und einige Originalschauplätze sind nachgebaut worden, die Waffen sind historisch nachgebildet und im Original wird polnisch gesprochen. Ab hier hört die Authentizität allerdings auch schon auf: Wer gehofft hat auf spielerische Weise mit dem Warschauer Aufstand vertraut gemacht zu werden, wird nicht einmal in Ansätzen bedient. Natürlich muss ein Spiel keinen Bildungsauftrag erfüllen, aber ein Indie-Studio hätte es nicht nötig gehabt sich dem Mainstream anzubiedern.

Go West!

Damit hört es nicht auf: Die Charaktere entsprechen westlichen Actionfilm-Klischees und der polnische Martyrer-Patriotismus ist ebenso befremdlich wie bei seinen amerikanischen Vorbildern. Nicht nur in den Dialogen sind sinnfreie Parolen neben schlechten Scherzen eingebettet, sie hängen auch überall an Plakaten mit verherrlichenden Slogans. Man wollte offenbar, dass der Guerilla-Funke auf den Spieler überspringt und er Spaß empfindet. Aber selbst für ein Spiel ist es doch in dem Bereich zuviel des Guten. Die Kampagne ist mit 6 Arealen nach etwa 3 Stunden vorbei und bietet nicht genug Raum um eine gute Geschichte zu entwickeln. Vor der tollen Kulisse stehen folglich leere Charaktere und historische Elemente, die im nichts verpuffen.

Uprising 44
Keine Empfehlung also. Die schwache Technik stört mich persönlich nicht. Dafür ärgert mich aber die verpasste Chance ein eigenständiges, spannendes Kriegsspiel zu entwickeln, das vielleicht sogar mir gefallen hätte.

3Gesamtwertung