Städtepolitik arbeitet meistens langweilig, verfilzt und stinken tut’s auch. Ne saubere Variante kriegt Ihr nur als Sim. Hier ein Stadion, dort ein Hafen, ein bisschen Asphalt oder eine neue Umgehungsstraße mitten durch Dein Haus. Wenn Ihr denkt, Ihr könntet’s besser: dann beweist es Euch selbst.

SimCity von 1989, das Original, liegt seit neuerem verfügbar und bereit und heißt: Micropolis. EA nennt es so, weil 18 Spinoffs von SimCity einen neunzehnten Spinoff aushält und bezahlen muss, den zwanzigsten und mehr auf jeden Fall. Außerdem hieß SimCity früher (in den 1980ern) als Projektname so, Micropolis (in BILD-Deutsch: Meikro Pollis), weswegen wir es wieder so nennen wollen.

Achtung! NumLOCk ausschalten, es gibt sonst Bugs und Probleme beim Zocken. Für Debian, 7 — sieben — Megabyte: http://www.getdeb.net/release.php?id=1935 Das Spiel steht für die vielen großen Linux Distris bereit, wie Debian, Fedora, Ubuntu. Check out your: Package Mgt System.

Das Spiel kommt unausprechlich elegant daher, nämlich in einem asketischen 2D-Look, denn sie sind nicht auszurotten — die guten, alten Sprites aus dem Jahr 1989. (Übrigens, ein echtes 3D für Strategiespiele kam erst um 1999, z. B. mit Homeworld. Richtig erfolgreich war 3D allerdings erst mit Warcraft 3.)

immer wieder neue Herausforderungen

Aber Gameplay ist alles, Grafik ist nichts. Ein gutes Spiel beginnt immer mit einer Krise, wie zum Beispiel einem Erdbeben oder dem Bombardement einer Stadt. Solch dramatische Ereignisse, die das normale Leben auf den Kopf stellen, gibt’s natürlich auch bei Micropolis: acht Städte, teils historisch, und ein Kartengenerator kommen daher, darunter San Francisco im Erdbeben von 1906 oder das Hamburg von 1944, zerbombt und am Brennen. Den Rest von SimCity/Micropolis könnt Ihr Euch ja denken. Ihr wollt eine großartige Stadt errichten: hier ein Stadion, da eine Hafen; aber leider müsst Ihr die Stadt davor bewahren, dem totalen Chaos zu erliegen.

Ihr beginnt immer im Jahr 1900, baut nach Schere-Stein-Papier Feuerwehrhäuser und Polizeiwachen; expandiert die Wohnviertel, zieht Strommasten und Straßen dorthin; gebt neue Fläche für Geschäfte und Fabriken frei; etc. etc. Und weil das eigentlich so einfach klingt, fällt der Himmel alle paar Minuten auf den Kopf. Ein Flughafen in der Nähe bringt zwangsläufig mehr Bewohner und Geld, aber auch Crashes in der Stadt. Wenige Polizeiwachen erhöhen den Cashflow, dafür sinkt die Popularität des Bürgermeisters, also Eure Popularität. In verheißungsvollen Prozentzahlen verraten Meinungsumfragen, wie Ihr gerade mit dem Volke steht. Steuern rauf, Steuern runter, manchmal weiß ich garnicht, ob die 38% Steuern in Deutschland (für Gewinne der Firmen) so richtig sein können, wenn schon in der Simulation die 9% zur Massenhysterie führt. Zugegeben: in der Simulation kann ich auch nix veruntreuen. Expansion, Cashflow, Expansion, Cashflow. Gar nicht so einfach.

One-City-per-Child

Das Spiel wurde für das One-Laptop-per-Child Projekt portiert und freigegeben. Wer nicht weiß, was das ist; der denke nur an die armen Kinder jenseits der Industrie- und Luxushochburg Europa, Amerika und OECD. Freie Software, u.a. Micropolis, und ein super toller Laptop, der ohne E.ON trotzdem Strom fressen wird, weil Wind und Wetter, Sonne und Hitze, Muskelkraft und Technik durch Kurbeln und Solarpanele den teuren Konzernstrom ersetzen kann. Übrigens sind die angepeilten 100 Dollar längst nicht mehr uptodate. Und für den Rest von uns: Liebe Win32/XPedianer, bitte nicht traurig sein, aber Ihr dürft auch spielen(schreibt zumindest Chip Online – ich hab’s ehrlich gesagt nicht ausprobiert), aber eben nur online und zuvor müsst Ihr Euch bei EA registrieren: SimCity Classic

Nachdem also die Stadt unter Kontrolle gebracht, das Geschäft blüht, die Flugzeuge sicher landen, nachdem der Bürgermeister 80% Zustimmung erfährt, weiß ich: ich bin ein toller König der Moderne. Plato hätte mich verehrt, denn ohne Demokratie und nur durch autokratische Städteplanung erschuf Tomx die Polis in seiner griechischen …
Blöderweise halten die guten Zeiten und Hausses nicht allzu lange an. Das Spiel spornt an, weiterzudenken. Was könnte diese meine Stadt als nächstes ereilen. Eine Flut, eine Sinnflut, ein Erdbeben, mein Gott!
Atlantis auf meinem Computer?! Wieso, wieso. Keine Panik, ruhig. Die Sternstunden der Städte lassen sich abspeichern; und wieder laden. Macht und Erfolg in Stein und Bits gemeißelt. Wir können uns also nach dem Spiel getrost vom PC entfernen, die Stadt brennt nicht zwangsläufig nieder.

back to the roots

Zurück im normalen Leben, da wär’s doch schön, wenn die Welt tatsächlich so funktionierte: keine Bürokraten, kein Papier, kein Filz.

SimCity/Micropolis: für alle Escapisten und Mindgamer unter Euch ein Muss, auch im 21. Jahrhundert noch. Gerade, weil sich jeder davon überzeugen darf. Grafik ist nichts: Blockbuster-Games und Sexfüchsinnen auf dem Cover spielen keine Rolle; noch nie. Sie sind Beiwerk, nettes Testosteron-Gedönz. Aber die Ursprünge von The Sims & Co. wiederspielen zu dürfen, ein sauberes Spiel — das ist ein Privileg, selten und höchst befriedigend.