Brüste.
Richtig schön geformte, weibliche Brüste.
Oh, habe ich Eure Aufmerksamkeit? Ah, sehr gut. Denn mir ging es ganz ähnlich als ich das Cover von „Blades of Time“ gesehen habe. Ich glaube es spielt keine Rolle für das männliche Geschlecht in welchem Alter man sich befindet, mit welcher Art von Beziehung man gerade zu tun hat oder wie hoch die Schwelle zum Fremdschämen ist: Ein durchtrainierter, wohlproportionierter, knapp bekleideter Frauenkörper, der zu einer jungen Dame mit Lolita-Touch gehört? Dann auch noch zwei Schwerter und ziemlich geile Stiefel? Na gut, ich habe länger als fünf Sekunden auf dieses Cover gestarrt. Oder anders gesagt: Jetzt will ich mehr wissen.
Selbstverständlich ist so ein Bild auf der Vorderseite knallhart kalkuliert. Es kommt auch nicht von ungefähr, dass sich später im Spiel Kostüme freischalten lassen – die aber ironischerweise alle nicht so knapp sind wie jenes auf dem Cover. Aber das macht gar nichts. Man startet ohnehin damit. Standardoutfit. Hehehe.

alles neu macht der Frühling

Ein Nerd, der sich schämt, möchte sich aber selbstverständlich vergewissern, dass zu der zugegebenermaßen eher generischen Fantasybraut auch ein gutes Spiel gehört. Und in diesem Punkt überrascht „Blades of Time“ völlig. Als Nachfolger von X-Blades, bei dem Stumpf dauerhaft Trumpf war, habe ich kein besonders aufregendes Hack´n Slay erwartet. Tatsächlich sind die Abenteuer von Ayumi jetzt allerdings einen ganzen Satz erwachsener geworden (hihi). Schon das gesamte Art Design hat nichts mehr mit dem Anime-Look des Vorgängers zu tun, sondern ist nun eine ganze Spur düsterer und näher an der Realität. Das gesamte Spiel ist auch gestraffter. Statt plumpen Arenakämpfen geht man jetzt einen interessanteren, abwechslungsreicheren Weg. Feindaufkommen sind nicht mehr bloß auf einen Platz konzentriert, sondern nun angenehm verteilt. Sogar das Kampfsystem wurde komplett überarbeitet: Statt dreihundertmillionenwasweissichwieviele Fähigkeiten beschränkt sich die Auswahl diesmal auf eine Handvoll Spezialattacken, die sich die Naturelemente Feuer und Eis zu Nutze machen. Combos sind sehr leicht ausführbar. Rechnet man dann noch die Slide-Bewegung – eine Art Ausweichbewegung, der Gegnern später auch schaden kann – und Schusswaffen hinzu, so ergibt sich ein stets überschaubares, aber schnelles System, was zunehmend vielseitiger wird, je weiter man sich im Laufe des Spiels aufrüstet.

Wirklich interessant wird es aber, wenn man zu der Gleichung noch die Fähigkeit hinzurechnet, die Zeit zurückspulen zu können. Macht man dies, so entsteht für die Dauer der Betätigung ein Klon, der die letzte Aktion wiederholt. Da die Anzahl der Zeit-Klone im Prinzip nicht begrenzt ist, ergeben sich eine ganze Reihe taktischer Möglichkeiten.
Sich in vielfacher Zahl um den Gegner stellen und ihn mit Maschinengewehren zu befeuern, bis er buchstäblich platzt? Machbar.
Einen Gegner mit einer Spezialattacke ablenken, um ihn mit der Ayumi der Gegenwart mit dem Schwert von hinten anzugreifen? Auch machbar.
Der Gegner hat einen Zauberspruch vom Zaun gebrochen und man will das rückgängig machen? Machbar.
Ein Rudel von Gegnern rein technisch gesehen gleichzeitig erledigen, indem alle Zeitklone jeweils einen anderen aufs Korn nehmen? Auch das ist machbar.
Klingt experimentierfreudig? Ist es auch. Das Spiel überlässt einem in den allermeisten Fällen die Wahl auf welche Art der Kampf angegangen werden soll. Es gibt allerdings auch Situationen, die sich einzig mit der Zeit-Funktion bewältigen lassen. Etwa sich augenblicklich schließende Türen, durch die man nur hindurch kann, wenn ein Klon woanders einen Schalter betätigt. Oder ein (zum Glück nicht sonderlich nerviger) unbesiegbarer Nemesis, der mit einem Klon abgelenkt werden muss, damit das gegenwärtige Ich flüchten kann.

Sehr schön fand ich ebenfalls, dass das Abenteuer-Feeling durch mannigfaltige Umgebungen vermittelt wird. X-Blades hatte damals das Problem der immergleichen Tempelbauten, der Nachfolger holt jedoch einiges aus dem Fantasy-Fundus heraus. Dschungel, Eislandschaften, Burgen, sogar etwas Science-Fiction. Sicher, man wird das Gefühl nicht los das meiste davon irgendwo anders schon einmal gesehen zu haben, doch im gesamten wirken die Orte angenehm exotisch und für den gesamten Spielverlauf auch schön mannigfaltig. Damit es auch etwas zu entdecken gibt, sind in den Landschaften noch Truhen versteckt, die neue Waffen beherbergen. Finden tut man sie mit Hilfe eines aufrufbaren Kompass, der im Innenring das Hauptziel und im Außenring Geheimnisse anzeigt. Ständig heraus kramen muss man diesen nicht. An Aymumis Hüfte getragen blinkt der Kompass immer dann auf, wenn es gerade in der Nähe etwas zu entdecken gibt. Praktisch.

und sie redet, und redet, und redet …

Überraschend gutes Spiel also. Ich hatte großen Spaß, bin als Hack`n Slay-Fan allerdings auch vorbelastet. An dieser Stelle würde ich am liebsten aufhören, aber es gibt drei große Negativpunkte in der Präsentation. Der mildeste ist noch die Geschichte. Sie arbeitet auf einen sehr netten Twist zum Schluss hin und wurde mit auffindbaren Tagebucheinträgen von den Entwicklern mit viel Watte gepolstert, aber es wurde eindeutig die Gelegenheit verpasst halbwegs interessante Figuren zu erzählen oder die Geschichte in irgendeiner Form mitreißend zu gestalten. Hauptmotivation waren für mich die das coole Art Design und das locker-flockige Gameplay, nie aber irgendetwas aus dem Plot selbst. Das führt zum zweiten Kritikpunkt: Um trotzdem das Gefühl einer fortlaufenden Geschichte zu vermitteln hat man Ayumi die ganze Zeit plappern lassen. Sie erklärt oder weist auf Dinge hin, die für den Spieler meist ganz offensichtlich sind. Sie argumentiert, reflektiert, kommentiert, redet beinahe wie ein Wasserfall, aber nur wenig davon hat Essenz. Immerhin hat die deutsche Synchronsprecherin ein süßes Lispeln, was Aymumi etwas Charakter verleiht, aber schon nach wenigen Minuten wird man den Eindruck nicht los, dass unsere Quasselstrippe mit Captain Obvious verwandt ist. Wenigstens kompensieren die Gespräche manchmal den ärgsten Knackpunkt: Die Musik. Es ist nicht so bedauerlich, dass sie wie ein Fluch aus der Karibik klingt, sondern die ständige Wiederholung ist das Problem. Ich hatte den Eindruck das gesamte Spiel über nur ein einziges Thema zu hören. Zum Glück kann man in den Audioeinstellungen die Musik getrennt vom Rest eliminieren. Schont Eure Nerven und tut das, sonst werden die zehn Stunden Solokampagne eine Melodie in Euer Hirn brennen, an die ihr Euch eigentlich nicht gewöhnen wollt.
Als Bonus gibt es noch einen Multiplayermodus auf popeligen drei Karten, wo man als Mensch die Basis der Monster erobern muss. Ehrlich gesagt: Es ist wirklich nicht mehr als nur ein Bonus. Kann man sich zur Zerstreuung durchaus mal geben, ist aber nicht besonders nachhaltig, gar komplex.

Ein erneuter Blick auf das Cover erinnert mich daran, wie wir in diesen Artikel eingestiegen sind, und ja: „Blades of Time“ hat mehr auf dem Kasten als der Männerfang auf dem Titelbild. Ein kleiner Geheimtipp also, der sich bei jedem Interessenten durch eine simple Checkliste qualifizieren könnte:
Hack´n Slay-Fan? √
Zum Release schon zum Budgetpreis erhältlich? √
Brüste? √ √