Links, rechts, Cha-Cha-Cha. ♪
♫ Rechts, links, Cha-Cha-Cha. ♬♩
♪ Vor, zurück, Punch-Kick-Punch. ♩♫

Egal wie umfangreich, schön, schnell, oder facettenreich ein Brawler auch sein mag: Takt ist das zentrale Element, dass ein Spiel aus diesem Genre beherrschen sollte. Erfolgreiche Vertreter dieser Gattung wissen gekonnt zwischen verschiedenen Tempi zu wechseln. Teils geschieht dies sogar in Sekundenbruchteilen; manchmal können die Kontraste zwischen den Geschwindigkeiten und den unterschiedlichen Graden an Komplexität sogar radikal sein. Es ist eine ständige Kontraktion und Entspannung, ein fortwährender Wechsel zwischen heiß und kalt, brutal und sanft, gediegen und hektisch. Dieses Taktgefühl muss in allen Bereichen aufzufinden sein: Dramaturgie, Combos, visuelle Darstellung. Ein Brawler ist ein Tanz, ein tödlicher dazu. Aber wenn alle Komponenten gemeinsam zu einer Melodie schwingen, nimmt dies den Spieler mit, und er bewegt sich mit Wonne über die Kampfareale, als wäre es ein Ballsaal.

Kinder, haltet euch Augen und Ohren zu!

Yaiba, dem Ableger aus der Ninja Gaiden-Reihe von Team Ninja, fehlt es völlig an Rhythmusgefühl. Wo seine Genrekollegen geschickt in Formation tanzen und beindruckende Figuren aufs Parkett legen, kommt Yaiba völlig sturztrunken auf die Tanzfläche gepoltert und schlägt unbeholfen um sich. Die Jury wäre entgeistert. Dabei kann man es ihm zunächst nicht verübeln, weil dieses Verhalten exakt auf seinen Charakter passt: Yaiba ist ein Widersacher des Protagonisten Ryu aus den Ninja Gaiden-Spielen und ziemlich das genaue Gegenteil von ihm: Er scheißt auf jeglichen Ehrencodex, betrinkt sich ungehemmt und ist in nahezu all seinen Aktionen von blinder Wut und Rachsucht getrieben. Als Ryu ihn in einem Duell tötet, er aber einige Tage später als halber Cyborg inmitten einer Zombie-Apocalypse von einer heißen Rothaarigen wiederbelebt wird – ja, das ist so herrlich absurd, wie es klingt -, schwört der Möchtegern-Ninja auf Rache. Sein Ziel also: Ryu muss sterben. Ob und wie man die Zombieplage aufhält, ist ihm dabei ziemlich egal.

 

In den ersten Momenten hat das Spiel sogar meinen Nerv sehr getroffen: Ins Auge fällt direkt die gelungene Comic-Optik, welche dem blutigem Slapstick-Humor, bei dem viele Zombies auf unappetitliche Weise ein zweites Mal über den Jordan geschickt werden, sehr zugute kommt. Die elektronische Musik arbeitet vorwiegend mit verzerrten Klängen und unterstreicht Yaibas rauen Arschloch-Charakter ebenso wie der grundlegend fiese Humor, der mit jedem zweitem Satz bewusst unter die Gürtellinie geht. Es ist nicht Shakespeare, aber ich mag das. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte Yaiba ruhig noch gemeiner, seine Quasi-Begleiterin Miss Monday noch sarkastischer, der Splatter-Humor noch derber sein dürfen. Das wirkt abschreckend auf viele Spieler und ist eine ganze Spur unsympathischer als beispielsweise bei Deadpool, aber eben deshalb hätte man es ruhig noch weiter in diese Richtung treiben dürfen. Ein Rüpel bleibt Yaiba aber trotzdem. Er schreit, er flucht, er zetert. Ein richtiger Klischee-Bösewicht eben, auch wenn ihm etwas mehr Charakterzeichnung gut zum Cyborg-Gesicht gestanden hätte.

ohne jegliches Feingefühl

Das Spiel konfrontiert schon in der ersten Szene mit einer großen Horde an Zombies, und es fühlt sich sehr befriedigend an, diese Masse an Gegnern wegzufegen. Das Gefühl von Überlegenheit ist sofort da. Haha, hier bin ich, ihr untoten Gehirnfresser! Ich bin ein Ninja und nichts, aber auch gar nichts kann mich aufhalten! Yaiba schlägt dabei so schnell zu, wie es einem als Spieler möglich ist auf die Tasten zu hämmern. Ohne, dass eine Unterbrechung vonnöten ist. Es dauert nur wenige Minuten, und ich stelle bedauerlicherweise fest, dass dies eine von vielen fürchterlichen Designentscheidungen ist.

Denn Yaiba ist schnell. Viel zu schnell. Seine Attacken benötigen nur wenige Frames. Dies hat zur Folge, dass man für Combos in einem Affenzahn auf die Tasten hämmern MUSS. Bei einem Haufen Zombies ist dies kein Problem. Schwierig bis unmöglich wird diese Buttonmasher-Spielweise allerdings, wenn sich anspruchsvollere Gegner mit in das Getummel stürzen, welche plötzlich eine andere Taktik erfordern. Schon im zweitem Level tauchen Gegner auf, die die Ausnutzung eines winzigem Zeitfensters für Konterattacken erfordern, welche unmöglich zu treffen sind, wenn man von mehreren Monstern gleichzeitig angegriffen wird. Also weicht man aus, saust erneut innerhalb weniger Frames über den Schirm – und weiß plötzlich nicht mehr, wo die eigene Spielfigur steht. Diese verschmilzt in vielen Szenen mit der Umgebung und hebt sich nicht ab. Dass die Kamera dazu noch an feste Perspektiven gekoppelt ist, die eine viel zu weit entfernte Sicht „bietet“, hilft dabei nicht wirklich. In den Optionen kann man die Kamera wesentlich näher an Yaiba positionieren. Allerdings ist diese Ansicht wiederum so nah an der Spielfigur, dass nicht einmal der gesamte Radius der eigenen Attacken abgedeckt wird.

Frames ist das Stichwort, welches sämtliche Defizite von dem Spiel umkreist. Das Überspringen von Animationsschritten sieht nicht nur unschön aus, es nimmt dem Spiel auch jegliche Geschmeidig- und Kontrollierbarkeit. Die Kämpfe in Yaiba sind nur selten nachvollziehbar, auch wenn sie gut und flott aussehen und ein paar nette Ideen mitbringen. So hat mir sehr gefallen, dass unterschiedliche Naturelemente mit Chemikalien reagiert haben: Bringt man Feuer, Säure oder Elektrizität zusammen, entstehen kleine bis vernichtende Reaktionen, die eine Kampfsituation maßgeblich beeinflussen können. So können Gegner zeitweise zu Stein erstarren. Oder eine Art elektrischer Säuresturm entsteht und fügt wesentlichen Schaden hinzu. In einigen, wenigen Adventure-Einlagen war es nötig, Zombies mit bestimmten Eigenschaften auf bestimmte Geräte zu werfen. Das ist zwar leicht durchschaubar, aber es ist schon witzig, wenn man einen unter Strom stehenden Untoten in eine Maschine werfen muss, damit ein Kurzschluss entsteht. Schlechter, geschmackloser Humor. Aber ich kann darüber lachen, ich anspruchsloser Banause.

Frames. Stichwort. Auch bei den Scripten im Spiel, derer es zahlreicher gibt. Nie hat etwas das richtige Timing. Türen gehen zu spät auf, Explosionen sind versetzt, bestimmte Ereignisse treten nur mit Verzögerung ein. Man spürt förmlich, wie ein Schritt nach dem nächstem im Programmcode ausgelöst wird, ohne dass ich als Spieler in einen Flow komme. Yaiba versteht es nicht, die Geschehnisse auf dem Schirm ineinander zu verweben, so dass ich das Drehbuch dahinter jederzeit spüre. Es nimmt mir sogar zu vielen Gelegenheiten die Kontrolle weg, zeigt mir mit von Captain Obvious gesponserten Kamerafahrten die offensichtlichsten Lösungswege und unterbricht mich auch in der Mitte des Spiels mit hanebüchenen Tutorial-Einblendungen. Es verkauft mich für dumm. Für richtig, richtig dumm. Nicht einmal Sprungpassagen traut es mir zu: Yaiba springt automatisiert von einem Hotspot zum nächsten. Ich kann weder die Richtung, noch die Position bestimmen. Wenn unser Antiheld also akrobatische Einlagen hinlegt, spielen wir nur einen besseren Quicktime-Event.

Und wieder: Frames. Stichwort. Besonders bei den Finishing-Moves, die Yaiba einsetzen kann, um Lebensenergie zurück zu erhalten. Obligatorisch muss der Gegner dazu geschwächt werden und ein kleines Symbol über dem Kopf zeigt an, dass man den Widersacher in alle Himmelsrichtungen zerreissen kann. Blöd ist nur, dass man dieses Symbol in der gesamten knallbunten Grafik kaum erkennen kann, vor allem nicht, wenn die Kamera zwei Lichtjahre vom Geschehen entfernt ist und man nur noch kleine Punkte sieht. Völlig absurd wird es aber, wenn man trotzdem einen Finish Move ausführt: Urplötzlich verändern Protagonist und Gegner die Position im Raum; man teleportiert sich quasi ein paar Meter an eine Stelle, die von den Programmierern als optimal empfunden wurde, während die Kamera in einem hartem Schnitt in den Telebereich geht. Wer bei einer großen Gegneransammlung während der Tastenhämmerei sich also von Finisher zu Finisher hangelt, macht ständig Sprünge über die Kampfarena. So herrlich comichaft übertrieben und brutal die Tötungsanimationen auch sein mögen: Die resultierende Desorientierung gleicht dies auf Dauer nicht aus. Und es mutet technisch gesehen schlicht fehlerhaft an.

“Honour & death go together like hot sauce and my balls.”
– Yaiba

Yaiba ist in vielerlei Hinsicht also eine frustrierende Angelegenheit. Und dabei will ich es wirklich mögen, weil ich Trash dieser Form sehr mag und auch mit Brawlern sehr viel anfangen kann. Das betrifft auch das Art Design, auch wenn es technisch grob ist und viele Unzulänglichkeiten verschleiern soll. Aber dieses Spiel würde nicht einmal die erste Prüfung in der Tanzschule überstehen. Yaiba ist kein Wechsel zwischen Kontraktion und Entspannung, sondern ein einziger Krampf. Es hat einen Takt inne, der wie folgt aussieht:

Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Rolle Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Kick Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Rolle Punch Punch Punch Punch Punch Punch Rolle Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Punch Kick Punch Punch Kick Punch Punch Punch Punch Punch Punch und dann stolpert Yaiba und fällt alle Nase lang zu Boden. Er würde laut fluchen. Ich tue es leider auch.

Yaiba: Ninja Gaiden Z
Yaiba trifft mit seinem Trash-Stil grundsätzlich meinen Geschmack, aber es fehlt dem Spiel an allem, was einen guten Brawler auszeichnet. Von dem schön überdrehtem Comic-Stil abgesehen ist das Ninja Gaiden-Spinoff ein Paradebeispiel für schlechtes Game Design, dass dem Spieler laufend Steine in den Weg legt.


3Gesamtwertung