Hallo liebe Reload-Redaktion,

als so ziemlich genau vor einem Jahr die Pixelmacher gestartet sind, haben wir uns trotz aller Kritik sehr darüber gefreut, dass sich ZDFNeo an einer neuen Sendung für Videospiele versucht hat. Meiner Meinung nach hat sich das Format über die letzten Monate hinweg ganz ausgezeichnet entwickelt und kann ganz eigenständig neben der Erfolgssendung Gameone stehen, ohne den Eindruck zu erwecken, es sei ein Plagiat. Als ich gestern von dem Start Eurer neuen Sendung Reload erfahren habe, war die Freude ebenfalls groß: Ein weiteres, halbstündiges Format über unser Lieblingshobby? Und dann auch noch auf einem öffentlich-rechtlichen Sender? Als Blogger und Videopodcaster applaudiere ich alleine schon wegen diesem Wagnis.

Interessanterweise habe ich Eure Sendung als einen Hybriden aus den Konventionen von Gameone und Pixelmacher empfunden, und darin steckt sowohl Lob als auch Kritik. Sehr gut gefallen hat mir die hohe Schnittfrequenz, die ihr sinnigerweise auch dazu genutzt habt viele Informationen in den Beiträgen unterzubringen. Die Zweigleisigkeit aus sich gegenseitig ergänzenden Bild- und Toninformationen ist Euch gut gelungen. Der Rhythmus hat mir vor allem gut gefallen. Die Beiträge haben eine klare Struktur und die Gags zur Auflockerung sind an den richtigen Stellen gesetzt. Ständig neue Musikstücke anzuspielen ist zwar manchmal etwas anstrengend, doch es erhält die hohe Geschwindigkeit der Beiträge. Überhaupt habe ich letzteres als großes Plus empfunden: Die ganze Sendung hat durch die Montage einen Flow, bei dem es mir einfach gefallen ist, sich mitreißen zu lassen. Sicher ist aber auch: Er spricht bestimmte Sehgewohnheiten an. Wer bei einer raschen, stark komprimierten Schnittfolge schnell gereizt ist, wirft bei Euch nach wenigen Minuten das Handtuch.

Die Stimme von Marion von Stengel habe ich jederzeit als angenehm empfunden. Dass sie für die deutsche Synchronisation von Lara Croft verantwortlich ist, habe ich übrigens nicht gewusst – Tomb Raider habe ich über die Jahre nicht wirklich verfolgt -, insofern funktioniert die Stimme für mich auch über diese Referenz hinaus.

Den schmalen Grad aus aktuellen Themen und kulturellem Allgemeinwissen zu gehen finde ich sinnvoll. So könnt Ihr gleich zwei Lager ansprechen: Personen, die aktuelle Informationen wünschen und alteingesessene Gamer, die man mit Historie und Popkultur locken kann. Dementsprechend würde ich Eure Themenwahl als Erfolg bezeichnen, da sie sowohl nach vorne, als auch zurück schaut. Dass neben der guten Recherche trotzdem immer wieder die persönliche Meinung der Redaktion durchschimmert, halte ich für einen guten Kniff, der Reload Charakter verleiht.

Schwierigkeiten habe ich allerdings mit dem Humor der Sendung. Auf einer Augenhöhe mit dem jungen Publikum zu sein bringt Frische und Identifikationspotential, doch auf mich wirkt Euer Versuch so locker wie möglich zu sein stellenweise ironischerweise zu verkrampft. Es ist eine Sache wie bei den Kollegen von Gameone Patzer vom Dreh mit in die Beiträge zu schneiden, in Eurem Fall jedoch eine völlig andere, wenn eben jene inszeniert werden. Ein totaler Griff ins Klo ist der Rausschmeisser zum Schluss mit „Die Unversoftbaren“. Radikale Geschmacklosigkeiten und absurden Fäkalhumor zu bringen ist ein nutzloses Buhlen um Aufmerksamkeit, das ihr gar nicht nötig habt. Das beweisen an anderer Stelle gelungene, dadaistische Sketche wie beispielsweise der Einstieg am Frühstückstisch oder die witzige Parodie einer Produktionsbesprechung.

Diese Verkrampftheit, die sich beispielsweise auch in Stefans gewollt-flippigen Handbewegungen während der Anmoderation manifestiert, blitzt leider immer wieder in mannigfaltigen Formen auf. Die Kombination aus gewollter Lockerheit und gewolltem Humor resultiert im Verlust von Authentizität. Gerade für eine Jugendsendung ist Natürlichkeit aber unheimlich wichtig.

Als ebenfalls problematisch habe ich die Wortwahl der Off-Texte empfunden. Ich finde es gar nicht schlimm, nein, eigentlich sogar ganz gut dass ihr Dinge “geil” oder “echt scheiße” findet, doch leider passt sich der restliche Text fast nahezu diesem niedrigen Niveau an. Texte zu schreiben, die beim erstmaligen Hören sofort verständlich sind, dabei aber noch locker, informativ und gut formuliert zugleich sind, ist eine schwierige Aufgabe, die ihr leider nicht voll gemeistert habt. In der jetzigen Form wird dem Off-Text unabsichtlich ein Hauch von Oberflächlichkeit verliehen, auch wenn man sich als geneigter Zuschauer paradoxerweise dem unbestreitbaren Informationsgehalt bewusst ist. Anders formuliert: Ihr verkauft Euch dümmer, als Ihr seid.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass Reload eine tolle Zukunft hat. Technisch ist jedenfalls alles im Lot. Hoffentlich seid Ihr in Zukunft nur etwas vorsichtiger mit Gags unter der Gürtellinie. Ich wünsch Euch jedenfalls viel Erfolg und hoffe, dass Euch das Feedback – hoffentlich auch von vielen anderen Zuschauern – helfen wird. Denn wir brauchen mehr Sendungen über Games! Egal wie viele Formate nebeneinander bestehen: Am Ende ziehen wir doch eigentlich am gleichen Strang, oder?

liebe Grüße
Micha

P.S. Ich finde es übrigens gar nicht so schlimm, dass RiesenBuHei viele etablierte Elemente aus der eigenen Gameone-Produktion übernommen hat. Ein wenig mehr Eigenständigkeit wäre sicher nicht schlecht im Detail, aber das aktuelle Konzept geht zumindest auf.