Das Leben könnte so schön sein als Familienmitglied am königlichen Hofe Albions. Ein treuer Hund stets an deiner Seite und ein bemutternder Butler immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Gäbe es da nicht einen kleinen Haken: der bösartige ältere Bruder Logan. Unter seiner Hand verfällt die einst blühende Stadt Bowerstone in einen Moloch aus dampfenden stinkenden Maschinen und verarmten rücksichtslosen Menschen. Doch ihr seid die letzte Hoffnung.

Viva la revolution

Ob als Prinzessin oder Prinz entscheidet der Spieler im Laufe seiner Flucht aus dem adeligen Leben über die Zukunft Albions. Es gilt die Bevölkerung zu überzeugen, Logan vom Thron zu stürzen und zu beweisen, dass die Belange der Menschen Albions einem am Herzen liegen. Tun sie das aber wirklich? Oder würde man eher darauf spucken? Die Entwicklung über die Zukunft der Welt liegt alleine im Ermessen des Spielers. Sein Verhalten, seine Taten sind ausschlaggebend für das soziale Gefüge der Menschen.

Wie wirst du dich entscheiden? Hältst du deine Versprechen ein?

Versprechen; eine derartige Liste, wie sie sich dem Spieler im Verlauf der Handlung erschließt, könnte man eigentlich auch exemplarisch vor die Nase Molyneux‘s halten, ob Fable III tatsächlich auch all die Erwartungen erfüllen kann, die enthusiastisch vor dem Release erzeugt wurden (und eigentlich nicht nur bei dem aktuellen Teil der Reihe). Dabei findet man als langjähriger Fable Spieler nicht unbedingt vieles neues.

Die Geschichte schließt nahtlos an das Ende des zweiten Teils an, 50 Jahre später in Form als Nachkomme des Helden. Angesiedelt in der Welt Albion mit ihren bekannten und schrulligen Orten wie Bowerstone oder Brightwood nur diesmal weiterentwickelt in der Zeit der Industrialisierung. Die Farben wirken erdiger und natürlicher als zuvor. Noch immer ist die Gestaltung der Landschaften märchenhaft, doch bestimmen moderne Errungenschaften wie Dampfmaschinen den technischen Fortschritt im Gesamtbild der Welt. Schwarzer Humor kommt meines Erachtens diesmal sogar noch stärker zur Geltung, was sich insbesondere in den zahlreichen Nebenquests niederschlägt, z.B. das Aufführen von Theaterstücken eines verschollenen Autors oder ein lebendig gewordenes Rollenspiel im Spiel, welches die spieletypischen Klischees augenzwinkernd aufs Korn nimmt – auch als Held steht man das ein oder andere Mal als Depp da. Hinzu kommt wieder die Jagd nach den weltweit verstreuten Statuen, diesmal in Form von böse dreinschauenden Zwergen, die durch einen verwunschenen Gargoyleschädel zum leben erweckt wurden – eine amüsante Anspielung auf die mobbenden Gargoyles aus Fable II. Ihre Sprüche über die Heldin / den Helden fallen sogar noch fieser aus.

Veränderungen im Detail

Ebenso sorgt die Musik mit wohl bekannten Melodien für eine schöne, abenteuerliche Nuance. Einziger Wermutstropfen sind allerdings die allseits bekannten Kompositionen aus dem zweiten Teil der Reihe, zu wenig neue Stücke wurden arrangiert.

Man mag fast meinen, Fable III wirke wie eine verbesserte Neuauflage, sowohl mit einigen interessanten Neuerungen, als aber auch mit einigen sehr nervenden Schönheitsfehlern. Die Entwicklung von Fable I zu Fable II war da schon wesentlich stärker zu bemerken, nicht nur an der neuen Engine. Apropo Grafik, die wirkt leider stellenweise genauso wie im Vorgänger. Auch zahlreiche Slowdowns sorgen stellenweise für ein frustrierendes Spielerlebnis.
Den größten Unterschied aber macht in Fable III das Interface aus. Anstatt eines zäh scrollenden Menüs, bewegt sich nun der Spieler durch den sogenannten Unterschlupf, welchen der treue Butler Jasper verwaltet. Die einzelnen Optionen wie Kleidung, Waffen oder Erfolge/ Statistiken findet man nun in separaten Räumen, die entweder durchlaufen werden können oder direkt mit dem analogen Steuerkreuz angewählt werden. Das mag auf den ersten Blick kompliziert und langwierig erscheinen, doch im Nachhinein stellt es sich als sehr verspielt und funktionsfähig heraus. Sogar der treue Hund hat sein eigenes Körbchen, mit der Möglichkeit ihn jederzeit umzubenennen oder die Rasse zu wechseln. Auch die Quests und die eigenen Familien sind über eine interaktive Minimap im Eingangssaal der Kammer wählbar.

Eine weitere überaus interessante Neuerung ist die „Siegesstraße“. Sie zeigt den Fortschritt des Spielers bis zu seinem Weg auf den Thron. Eingeteilt in einzelne Abschnitte sind dort Kisten gelagert, die durch eine entsprechende Anzahl von Gildensiegeln, die durch das Lösen von Quests, dem Erschlagen von Gegnern oder dem sozialen Umgang mit den Bewohnern verdient werden können. Dabei spielen die Inhalte dieser Truhen eine wichtige Rolle für das Erlernen von Fähigkeiten, ob Nahkampf, Fernkampf oder Magie, wie auch das Freischalten von Verhaltensweisen und Färbemitteln für die Kleidung, das Verbessern der Minijobs oder die Möglichkeiten, unternehmerisch oder familiär tätig zu werden. Letztere Komponenten funktionieren übrigens auf ähnliche Weise wie bei dem Vorgänger. Häuser und Geschäfte können gekauft, möbliert und vermietet werden, Ehen können geschlossen oder gebrochen werden und neben den eigenen Kindern, können nun sogar im Waisenhaus in Bowerstone welche adoptiert werden. Im Gegensatz zu Fable II hat man während des Spielverlaufs allerdings nicht so viele Möglichkeiten, positive oder negative Entscheidungen zu treffen. Häufig wird einem nur eine Option offen gelassen, was leider die Entwicklung des persönlichen Charakters nicht so vielfältig erscheinen lässt. Auch das äußerliche Antlitz verändert sich bei den Entscheidungen geringfügig.

Das Shoppen gestaltet sich indes völlig anders. Alle zu erwerbenden Waren sind nun direkt an den Marktständen oder in den Geschäften ersichtlich und können sofort angewählt werden. Verkaufen ist nur bei einem Pfandleiher möglich. Die Verwendung von Nahrungsmitteln wurde stark begrenzt, da nur das Mitführen einer Art möglich ist. Auch Tränke sind nun beschränkt auf Heilung, Zeitverzögerung und der Kreaturenbeschwörung. Die letzten beiden Zauber konnten in Fable II noch erlernt werden, hier sind sie ein hilfreiches Beiwerk. Zaubern selbst funktioniert auch völlig anders. In Form von Handschuhen ist das Wirken u.a. von Feuer oder Eis möglich, später können sogar die sechs Magiearten mit einander verwoben und so als sehr effektive Kombination auf die Monsterschaaren los gelassen werden.

Monster ist das Stichwort.
Denn auch in diesem Fable wird der Spieler teilweise mit einem Handgemenge von Gegnern überschüttet, dass einem sogar manchmal der Finger weh tut. Das Kämpfen selber stellt sich dadurch als recht mühselig und sehr nervig heraus, wenn immer mal wieder haufenweise Mobs auf einen eindreschen. Viel Abwechslung gibt es dabei nicht. Je nach Vorliebe verkommen die Kämpfe häufig zum wiederholten Drücken einer einzigen Taste. Zwar ist die Fable-Reihe nicht bekannt für ein ausgewogenes Kampfsystem, doch stoppt es merklich den Spielfluss, wenn man immer wieder gezwungenermaßen in sogenannte Arena-Kämpfe geworfen wird. Einziger Lichtblick darin ist die Entwicklung der Waffen, diese passen sich den Kampfbedürfnissen des Spielers an und gewähren sogar, neben eines anderen Aussehens, besondere Boni.

Karma is a funny thing

Was macht nun Fable III wirklich aus? Das Kampfsystem ist es sicher nicht, wie oben erwähnt. Es ist die lebendige Welt selbst mit ihren vielen liebevollen Details und der humoristischen Umsetzung, ob kauzige (Mit-) Menschen, gefürchtete Balverine oder bekloppte Murlocs äh Hobbs. Es ist das Zusammenspiel von Ursache und Wirkung, das Händchenhalten eines geliebten (oder gehassten) Menschen, als Lautenspieler oder Bäcker die Gemüter zu belustigen, die witzigen, manchmal fiesen Kommentare der Bevölkerung und Gefährten oder auch der Gegner, der verspielte Steampunkstil, die nun endlich sprechende Hauptfigur und die Möglichkeit am Ende für einen ganz eigenen Neuanfang zu sorgen. Erst wenn der siegreiche Weg hinter einem steht, wartet eine noch viel größere und verantwortungsvollere Herausforderung auf den Spieler. Wird es ihm gelingen, die Geschichte Albions neu zu schreiben? Wie wird er sich verhalten? … Mal ganz ehrlich, wer möchte denn mal nicht so richtig als Königin oder König auf die „Kacke hauen“? [1]

… und nimm dich in Acht vor Hühnern! Du WIRST sie nach dem Spielen mit anderen Augen sehen!

  1. [1](Anm. d. Red.: Der Mehrspielermodus wurde noch nicht getestet. Haha, Mehrspieler! Ha … naja.)